Das Sprichwort „Kleinvieh macht auch Mist“ hat vermutlich jede und jeder von uns schon einmal gehört. Es bedeutet so viel wie: Egal wie klein dein Beitrag ist, Hauptsache du trägst etwas bei. Würde man das auf erneuerbare Energien – speziell auf die Solarenergie – beziehen, hieße das: Egal wie klein deine Solaranlage ist, Hauptsache du hast eine. Dass viele Anlagen gemeinsam richtig viel Strom erzeugen, zeigte sich deutlich im vergangenen Jahr.
Im März 2022 leisteten insgesamt 2,2 Millionen Photovoltaikanlagen von Unternehmen und privaten Haushalten 58.400 Megawatt. Das waren rund 10 Prozent mehr als noch im März 2021. Dadurch konnten laut den Zahlen vom Statistischen Bundesamt im ersten Quartal 2022 8,8 Milliarden Kilowattstunden Sonnenstrom ins Netz eingespeist werden.
Trotz aller Bemühungen und Verbesserungen ist aber auch klar: Das “Kleinvieh” von Bürgerinnen und Bürgern kann viel leisten, die Klimaziele werden wir aber allein dadurch nicht erreichen. Genau hier kommt die Bundesregierung ins Spiel. Denn Wirtschaft und Industrie müssen an einem Strang ziehen und die Politik muss dafür Rahmenbedingungen schaffen.
Wind, Sonne, Wasser und Biomasse sind derzeit die vier zentralen Quellen, wenn es um die nachhaltige Stromversorgung in Deutschland geht. Vergangenes Jahr erzeugten diese zusammen einen Anteil von bis zu 46,2 Prozent an der gesamten eingespeisten Strommenge in Deutschland. Dieses Hoch liegt größtenteils daran, dass das Wetter und auch die Windverhältnisse besser waren als im Jahr davor. Den größten Stromanteil produzierte der Wind mit 125,3 Milliarden kWh. Mit Biomasse stellte man 50,2 Milliarden kWh Strom her, Wasserkraft und Geothermie produzierten 17,5 Milliarden kWh. PV-Anlagen erzeugten gut 60,8 Milliarden kWh Strom. Neben dem guten Wetter machte sich auch der Ausbau von Photovoltaik in den Zahlen bemerkbar. Laut dem Umweltbundesamt stieg die PV-Leistung seit 2017 um 59 Prozent an.
Fast die Hälfte unseres Stroms kommt also aus erneuerbaren Quellen. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, mehr als die Hälfte tut es noch nicht. Was passiert also aktuell, damit Deutschland tatsächlich klimaneutral wird? Das sehen wir uns nun an.
Deutschland hat eigene Klimaziele und Rahmenbedingungen, auf die wir gleich eingehen. Zuvor werfen wir einen Blick auf die Hintergründe. Denn die Basis für die nationalen Klimaziele Deutschlands bilden internationale Abkommen. Dazu gehört die UN-Klimarahmenkonvention, die Anfang der 1990er Jahre von den Vereinten Nationen verhandelt wurde. Dieses Übereinkommen zielt darauf ab, die Treibhausgaskonzentration so gering zu halten, dass sich Ökosysteme natürlich an die Klimaveränderungen anpassen können.
Beim ersten Treffen zur Klimarahmenkonvention 1995 wurde auch das Berliner Mandat verabschiedet. Auf Basis dessen wurde zwei Jahre später das Kyoto-Protokoll erstellt. Damit verpflichteten sich die Industriestaaten, die CO2 Emissionen um mindestens fünf Prozent zwischen 2008 und 2012 zu senken. Die Periode wurde dann bis 2020 verlängert. Als Ergänzung zur Klimarahmenkonvention kam 2016 das Übereinkommen von Paris hinzu. Hier entstand die Obergrenze der Erderwärmung von 1,5 Grad.
Deutschland agiert nicht nur international, sondern auch auf bundesweiter Ebene in Sachen Klima. Das passiert aktuell mit folgenden Aktionsprogrammen und Gesetzen.
Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG): Nationales Emissionshandelssystem, bei dem vor allem die Sektoren Gebäude und Verkehr einen Betrag pro ausgestoßener Tonne CO2 zahlen müssen.
Änderung des EEG 2023: Am 7. Juli 2022 beschloss die Bundesregierung eine Änderung des EEG. Dieses Erneuerbare-Energien-Gesetz gibt es schon seit über 20 Jahren. Es regelt im Wesentlichen die Einspeisung von regenerativem Strom in öffentliche Stromnetze. Seit dem 1. Januar dieses Jahres gelten alle neuen Beschlüsse. Dazu gehört der Ausbau erneuerbarer Energien. Neun Gigawatt mehr PV-Leistung sollen es 2023 im Netz werden. Ab 2026 liegt das Ziel bei 22 Gigawatt. Die Hälfte der Anlagen soll auf Dächern, die andere auf Freiflächen installiert werden. Zudem wurde die EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 abgeschafft. Sie war eine Art Ausgleichszahlung von deutschen Bürgerinnen und Bürgern an Netzbetreiber. Weil Ökostrom günstiger war als Netzstrom, wollte man deren Verluste damit auffangen.
Der europäische Emissionshandel und die nationale CO2-Bepreisung spielen Geld in die Kassen des Klima- und Transformationsfonds. Dieses verwendet die Bundesregierung, um den Ausbau erneuerbarer Energien zu fördern. Seit Juli 2022 löst der Fonds die Finanzierung aus der EEG-Umlage ab. Von 2023 bis 2026 sollen so gut 177,5 Milliarden Euro zusammenkommen.
Seit dem 1. März 2023 können Bauherren und Bauherrinnen Anträge auf Neubauförderung stellen. Dank dieser Förderrichtlinie für den klimafreundlichen Neubau gibt es zinsverbilligte Kredite bis zu 150.000 Euro.
Wer sich eine Anlage kaufen möchte, die Strom und Wärme erzeugt oder speichert, erhält durch die KfW-Förderung einen günstigen Kredit. Zusätzlich gibt es regionale Förderungen für Solaranlagen und Balkonkraftwerke. Am besten direkt bei der eigenen Gemeinde nachfragen.
Als großes Ziel formuliert die Bundesregierung auf ihrer Webseite die Unabhängigkeit von fossilen Energien. Der Anteil der Erneuerbaren Energien sollte sich in weniger als zehn Jahren fast verdoppeln. Die Ausbaugeschwindigkeit muss sich dafür sogar verdreifachen. Die Bundesregierung macht augenscheinlich Tempo bei der Energiewende. So soll es gelingen, langfristig, günstig, unabhängig und sicher Energie bereitzustellen.
Im März stellte Robert Habeck eine neue Photovoltaik-Strategie vor. Im Bereich Solarenergie soll sich Folgendes ändern:
Bessere rechtliche Grundlagen für den weiteren Ausbau des Stromleitungsnetzes.
Höhere Vergütung für selbst erzeugten Solarstrom
Die Solarenergie soll um 22 GW pro Jahr steigen, bis 2030 um rund 215 GW
Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen
Kommunen besser am Ertrag von Wind-, Sonne- oder Biomasse-Anlagen beteiligen
Arbeit von Bürgerenergiegesellschaften erleichtern
Freiflächenanlagen stärker ausbauen
Photovoltaik auf dem Dach erleichtern
Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung vereinfachen
Nutzung von Balkon-PV erleichtern
Netzanschlüsse beschleunigen
Wirksame Verzahnung von Energie- und Steuerrecht sicherstellen
Lieferketten sichern und wettbewerbsfähige, europäische Produktion anreizen
Fachkräfte sichern
Technologieentwicklung voranbringen
Den schnellen PV-Ausbau auch mit europapolitischen Instrumenten vorantreiben